Online-Seminar „Ist das Brexit-Chaos vorprogrammiert?": Experten raten zur guten Vorbereitung

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Mit der Expertise von vier Referenten hat das dti gemeinsam mit Food Made in Germany (FMIG) in einem Online-Seminar mit rund 60 Teilnehmenden die wichtigsten Änderungen und Vorbereitungsmaßnahmen für den britisch-europäischen Grenzverkehr nach dem Brexit aufbereitet.

Das Ende des Jahres naht und ein Abkommen zwischen der Europäischen Union und Großbritannien ist nicht in Sicht. Am 1. Januar 2021 tritt das Vereinigte Königreich endgültig aus der Zollunion und dem gemeinsamen Wirtschaftsraum aus. Ob mit Abkommen oder ohne - es wird viele Änderungen im Grenzverkehr geben. Um das Brexit-Chaos im neuen Jahr zu verhindern, rieten die Experten beim dti-Online-Seminar am 8. Dezember, auch in den letzten Wochen noch intensiv in eine gute Vorbereitung zu investieren.

Jan A. Eggert, Public Affairs Berater bei JAE Public Affairs, gab zu Beginn des Online-Seminars einen ausführlichen Überblick über den aktuellen Stand der Verhandlungen und die Szenarien für 2021. Strittig sind nach wie vor die Vereinbarungen zu fairen Wettbewerbsbedingungen, Fischereirechte und der Schutz des Karfreitagsabkommens in Nordirland. Im Fall eines No-Deals hätte Großbritannien einen WTO-Status ohne Sonderrechte mit Beziehungen zur EU wie ein Drittland, allerdings ohne Freihandelsabkommen. In jedem Fall wird das Vereinigte Königreich aber nicht mehr Teil des europäischen Binnenmarkts sein und für Waren gelten die einschlägigen regulatorischen und Zoll-Kontrollen von EU und UK.

Zu Änderungen im Transportablauf und Dokumenten-Flow im Grenzverkehr referiert anschließend Thomas Pütter, Head of Special Projects bei der Nagel-Group, und gab wertvolle Tipps, wie die letzten Vorbereitungen für den Brexit aussehen sollten. Wichtig sind vor allem eine genaue Klärung der Importzollabfertigung für jeden einzelnen Empfänger, um die Zollsysteme in UK mit Stammdaten zu füllen (WTNs, Mandate, DDAs, Kredit Rating etc.), die Vereinbarungen mit den Empfängern hinsichtlich situationsnotwendiger Laufzeiten und Zustellzeitfenster sowie eine konkrete Abstimmung mit dem Logistikdienstleister über die künftigen Prozesse und Zeitabläufe.

Die britischen Perspektive auf den Brexit erörterte Richard Harrow, Chief Executive der British Frozen Food Federation (BFFF). Er stellte den von der britischen Regierung gewählten, stufenweisen Ansatz zur Einführung vollständiger Importkontrollen vor. Händler, die Standardwaren importieren, müssen sich auf grundlegende Zollanforderungen vorbereiten, wie z. B. das Führen ausreichender Aufzeichnungen über importierte Waren, und haben bis zu sechs Monate Zeit, um Zollerklärungen auszufüllen. Während für alle Importe Zölle gezahlt werden müssen, können die Zahlungen aufgeschoben werden, bis die Zollerklärung abgegeben wurde. Erst ab Juli 2021 wird die vollständige Dokumentierung zum Import gebraucht.

Katrin Ullrich, verantwortlich für die Supply Chain UK bei Coppenrath &Wiese, schloß die spannende Veranstaltung mit einem Praxisbericht von den Brexit-Vorbereitungen des dti-Mitgliedunternehmens. Neben einer guten Vorbereitung gemeinsam mit den Spediteuren empfahl sie eine enge Zusammenarbeit mit den Kunden, um Fragen der Lebensmittel-Kennzeichnung zu begegnen und Verpackungen zu aktualisieren. Auch im Bereich Finanzdienstleistungen und Versicherungen sollten sich Unternehmen vorbereiten. Dennoch bleiben auch bei der besten Vorbereitung noch viele ungeklärte Punkte und offene Fragen, so Ullrich, denen zukünftig noch begegnet werde muss.

Das positive Feedback der Teilnehmer und die rege Diskussion in Anschluss an die Vorträge zeigen, dass die Brexit-Vorbereitungen noch im vollen Gange sind und das Interesse seitens der Wirtschaft groß ist. Das dti freut sich über eine weitere gelungene digitale Veranstaltung.