Positionspapier

Tierhaltungskennzeichnungsgesetz

Ausgangslage zum TierHaltKennzG
Mit dem Inkrafttreten des Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes (TierHaltKennzG) im August 2023 wurde erstmals eine verpflichtende Tierhaltungskennzeichnung für frisches, unverarbeitetes Schweinefleisch deutscher Mast eingeführt. Ab dem 1. März 2026 muss dieses Fleisch bei der Abgabe an Endverbraucher mit einem entsprechenden Haltungsform-Logo gekennzeichnet werden. Dabei werden fünf Haltungsformen unterschieden: Bio, Auslauf/Weide, Frischluftstall, Stall + Platz und Stall. Der Geltungsbereich des Gesetzes bezieht sich aktuell auf die Vermarktung von frischem, unverarbeitetem Schweinefleisch an Endverbraucher – etwa im Lebensmittel-einzelhandel, Online-Handel oder in Metzgereien. Lebensmittelgroßhändler sind derzeit nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 TierHaltKennzG dazu angehalten, Informationen zur Haltungsform innerhalb der Lieferkette an so genannte Wiederverkäufer (Metzgereien) weiterzugeben.

Im Zusammenhang mit der Novellierung des TierHaltKennzG brachte der Ausschuss für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat eine Beschlussempfehlung ein, der die Bundesregierung bis Mitte der Wahlperiode zu einer grundsätzlichen Reform des Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes auffordert. Im Interesse der Verbraucher und der Wirtschaftsbeteiligten sei die Erweiterung des TierHaltKennzG um die weiteren Tierarten, den gesamten Lebenszyklus, verarbeitete Produkte und die Außer-Haus-Verpflegung notwendig, so die Empfehlung.

Die zeichnenden Verbände positionieren sich klar gegen eine Ausweitung auf die Außer-Haus-Verpflegung. Sie würde bürokratische Belastungen für eine Branche bedeuten, die strukturell anders funktioniert als der Lebensmitteleinzelhandel (LEH), auf den das TierHaltKennzG bisher zugeschnitten ist. Im Gegensatz zum LEH, der zentral gesteuerte Sortimente und standardisierte Warenflüsse verwaltet, ist der Außer-Haus-Markt (z.B. Restaurants, Kantinen, Imbisse) kleinteilig, heterogen und stark manuell geprägt. Die Kennzeichnungspflicht hier umzusetzen ist organisatorisch und wirtschaftlich ungleich aufwendiger als im LEH – insbesondere für kleine und mittelständische Betriebe.

Unsere politischen Forderungen zum TierHaltKennzG

Die Gastronomie, der Lebensmittelgroßhandel und die Lieferanten der Tiefkühlwirtschaft lehnen eine Ausweitung der Tierhaltungskennzeichnungspflicht auf die Außer-Haus-Verpflegung entschieden ab: Die geplanten Regelungen bringen erhebliche praktische Herausforderungen mit sich und führen zu Wettbewerbsnachteilen – insbesondere für kleine und mittelständische Betriebe, die dadurch überfordert werden könnten.

  1. Unverhältnismäßigen bürokratischen Aufwand für Gastronomen vermeiden:
  2. Um die Kennzeichnungspflicht zu erfüllen, müssten Gastronomen eine durchgängige Dokumentation und verlässliche Rückverfolgbarkeit sicherstellen. In der Praxis fehlen hierfür jedoch klare Standards, vor allem bei verarbeiteten, marinierten oder gemischten Produkten. Besonders problematisch ist die ständige Anpassung der Kennzeichnung, wenn Produkte von unterschiedlichen Herkunftsländern (z. B. Schweinefleisch aus Polen, Deutschland oder den Niederlanden) verwendet oder verschiedene Haltungsformen gemischt werden. Gastronomen müssten dann ihre Speisekarten, Aushänge oder Preisverzeichnisse immer wieder ändern, was zu einem erheblichen Mehraufwand führt. Solche neuen Regelungen erschweren vor allem spontane Anpassungen – zum Beispiel bei Tagesgerichten oder Lieferengpässen. Gleichzeitig besteht das Risiko rechtlicher Konsequenzen bei Fehldeklarationen, was die Betriebe zusätzlich belastet.

  3. Keine Verdrängung regionaler Produkte durch Wettbewerbs-verzerrung:
  4. Die Ausweitung der Tierhaltungskennzeichnungspflicht trifft ausschließlich Produkte aus Deutschland. In den Gesetzgebungsverfahren zur Tierhaltungskennzeichnung wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Importware nicht unter die Kennzeichnungs-pflicht fällt. Vor allem eine Einbeziehung von Importen aus dem EU-Binnenmarkt in die deutsche Kennzeichnungspflicht würde ein europarechtswidriges Handelshemmnis darstellen. Ein Alleingang Deutschlands schwächt die Wettbewerbsfähigkeit heimischer Fleischproduzenten. Gastronomiebetriebe wären in angespannten wirtschaftlichen Situationen und aufgrund der hohen Preissensibilität der Gäste dazu gedrängt, verstärkt auf importiertes Fleisch ohne Kennzeichnungspflicht zurückzugreifen, um bürokratische und kostenintensive Auflagen zu umgehen. Dies führt zu einem Wettbewerbsnachteil für deutsche Erzeuger, die bereits unter erheblichem Preisdruck stehen. Zudem konterkariert es die Bestrebungen der Gastronomie und der Bundesregierung, einheimische und regionale Erzeuger zur stärken.

  5. Keine Überforderung kleiner und mittelständischer Betriebe:
  6. Nach wie vor sind die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Gastronomiesektor schwierig. Eine Dokumentationspflicht im Rahmen der Tierhaltungskennzeichnung würde die Wettbewerbsfähigkeit und den Fortbestand gastronomischer Betriebe in Deutschland weiter gefährden. Viele Restaurants, Bistros oder familiengeführte Betriebe verfügen weder über die personellen noch die finanziellen Ressourcen, um zusätzliche bürokratische Auflagen zu erfüllen. Die verpflichtende Kennzeichnung in Speisekarten oder Aushängen stellt eine erhebliche organisatorische und technische Herausforderung dar. Der Mehraufwand führt dazu, dass viele Betriebe ihr Angebot reduzieren müssten – zum Nachteil von Vielfalt und Regionalität. Eine bürokratische Mehrbelastung in dieser Größenordnung gefährdet die Wirtschaftlichkeit vieler Betriebe, die ohnehin unter Kostendruck, Personalmangel und sinkender Nachfrage leiden.

  7. Keine Kennzeichnungspflicht entgegen der Verbraucherinteressen:
  8. Die zusätzliche Bürokratiebelastung ist insbesondere vor dem Hintergrund unverhältnismäßig, dass dem oben geschilderten Aufwand ein mangelndes reales Verbraucherinteresse gegenübersteht. Die Erfahrung der Mitgliedsunternehmen der zeichnenden Verbände zeigt, dass die Menschen, die außer-Haus essen, auf der Speisekarte weniger auf die Herkunft oder die Tierhaltungsbedingungen der tierischen Lebensmittel achten, als diejenigen, die selbst zu Hause kochen, bzw. essen. Zudem können die gastronomischen Betriebe im Gegensatz zum Einzelhandel keine Auswahl an verschiedenen Haltungsformen zur Auswahl anbieten und vorrätig halten. Das ist nicht oder in einzelnen Fällen nur mit einem erheblichen Kostenaufwand realisierbar, den die Unternehmerinnen und Unternehmer an die Gäste weitergeben müssten. Vor dem Hintergrund der Preissteigerungen der letzten Jahre sind die Gäste i. d. R. nicht bereit, höhere Preise für gastronomische Angebote zu zahlen. Gäste, die über die Tierhaltung in der Gastronomie informiert werden wollen, erhalten zudem bereits heute auf Nachfrage eine Auskunft, da der Betrieb ein unternehmerisches Interesse an guter Bewirtung seiner Gäste hat. Ein Restaurant, das beispielsweise auf tierische Produkte aus regionaler Produktion setzt, wird diesen Fokus aus Eigeninteresse auf der Speisekarte kenntlich machen. Es muss Teil der unternehmerischen Freiheit bleiben, wie Betriebe ihre Gäste über die tierischen Produkte in ihrem Angebot Informieren.

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